Montag, 15. April 2019

Wer in Guinea lebt, hat deutlich weniger Probleme


Bevor wir nach Westafrika umgezogen sind, habe ich mir immer vorgestellt, dass das Leben sehr hart sein wird, und dass wir mit unzähligen unbekannten Problemen konfrontiert sein werden. Nun nach fast drei Monaten Leben in Conakry, der dichtbevölkerten Hauptstadt Guineas, komme ich zu einem anderen Schluss: na ja, natürlich gibt es viele und andere Probleme, als diejenigen, die wir in der Schweiz hatten. ABER: viele Probleme, die wir in der Schweiz hatten, scheinen hier in Luft aufgelöst:
Ich muss nie mehr Angst haben, dass ich mich beim Duschen verbrühe - hier gibt es nämlich nur kaltes, resp. von der Sonne gewärmtes Wasser, das aus der Duschebrause strömt. Und wenn ich grad beim Duschen bin: es besteht absolut keine Gefahr, dass der Wasserstrahl zu stark sein könnte resp. man braucht wirklich keine Spardusche, das Wasser rinnt sehr spartanisch aus der Brause und es besteht keine Gefahr der Wasserverschwendung. Also - und abends muss man nie überlegen, ob sich die Dusche lohnt: die Füsse sind immer rotbraun und die Fingernägel haben immer Trauerränder - vor und leider meist auch grad wieder nach dem Duschen.
Ich bekomme nie mehr Bussen von einem blechernen Polizisten: es gibt keine Radarfallen und auch keine Geschwindigkeitslimiten und was das Schönste ist: es gibt keine Verkehrsampeln, also man muss nicht mal rot von grün unterscheiden können. Leider gibt es trotzdem viele Polizisten in Fleisch und Blut und diese verteilen sehr gerne Bussen, auch wenn man absolut korrekt und ohne Fehler gefahren ist, also: dieses Problem ist nicht ganz gelöst... Aber Verkehrsschilder muss man auch keine kennen, bis vor kurzem gab es nämlich keine in der ganzen Stadt - nun hat es plötzlich eine ganze Menge überall, aber die Meisten stehen komplett falsch. Gestern sah ich ein Stopschild mitten auf einer geraden Strasse, weit und breit keine Kreuzung in Sicht - na ja, dieses Schild wird ja auch von niemandem beachtet.
Beim Wäsche falten gibt es auch ein Problem weniger: man sucht keine zwei gleichen Socken - wir tragen nämlich nie mehr Socken - und wenn ich bei der Bekleidung bin: wenn ich in den Ausgang gehe, was ich zwar nie mache, weil es nichts zum ausgehen gibt - aber falls ich gehen würde: ich muss nie studieren, ob es abends kühl wird und ich eine Jacke brauche - es wird nie kühl hier, ich brauche nie eine Jacke.Und so kann ich mir die Zeit auch sparen, abends im TV Meteo zu schauen: ein halbes Jahr ist es trocken und feuchtheiss und das andere halbe Jahr regnet es und ist feuchtheiss. Da könnte sogar ich Meterologe sein.
Wenn ich noch kleine Kinder hätte, müsste ich auch nie zum Kleintierzoo fahren: auf dem Weg zum Einkaufen begegnen mir Hühner, Gänse, Enten, kleine Bibeli, Hunde, Katzen - vor kurzem kam mir auf einer dichtbefahrenen Strasse eine Schafherde entgegen, notabene ohne Hirten. Und heute Morgen stand vor einem Restaurant eine kleine Ziegenherde mit kleinen Zicklein. Ah ja, sogar Kühe ziehen durch Conakry, immer ohne menschliche Begleitung, keine Ahnung, wo die jeweils herkommen. Ich sehe auch  nirgends ein Stück Wiese oder Gras. Wahrscheinlich fressen diese Tiere Staub hier.
Ja, und das absolut Schönste: der Basilikum erfriert nie mehr, weil man ihn zu früh nach draussen gesetzt hat:-), im Gegenteil, er erfriert natürlich nie und er wächst wie ein Turbo!
So könnte ich noch länger weiterfahren - dieser Post soll dazu beitragen, dass nicht der Eindruck erweckt wird, in Afrika zu leben sei partout schwierig.